Deutsche Gesellschaft für Angioödeme e.V.

Ärztliche Gesellschaft zur Erforschung der Angioödeme


Angioödeme durch die Antihypertensiva-Klasse der ACE-Hemmer sind wichtige unerwünschte Arzneimittelwirkungen, sie können zu lebensbedrohlichen Larynxödemen mit Erstickungsgefahr führen und sind daher, obwohl selten, von großer praktischer Bedeutung, zumal auch ACE-Hemmer inzwischen weit verbreitet sind.

 

Das klinische Bild besteht in Angioödemen, also 1 bis 5 Tage dauernden lokalisierten Schwellungen der Haut oder der Schleimhaut. Angioödeme durch ACE-Hemmer sind sehr oft an Lippen, Zunge, Pharynx und Larynx lokalisiert, so daß Notfallmaßnahmen oft notwendig werden. Andere Lokalisationen sind Hände und Füße, Arme, Beine, Skrotum sowie der Magen-Darm-Trakt. Angioödeme durch ACE-Hemmer dürfen nicht unterschätzt werden, denn ihr Verlauf ist nicht voraussagbar. Eine anfänglich als "mild" und reversibel angesehene Schwellung kann zu einer vital bedrohlichen Atemwegsobstruktion fortschreiten. Weltweit sind mehrere Patienten infolge eines Glottisödems durch ACE-Hemmer verstorben.

Etwa ein Viertel bis ein Drittel der Angioödeme durch ACE-Hemmer wird als lebensbedrohlich eingestuft, die übrigen sind, im Nachhinein beurteilt, in ihrer klinischen Symptomatik gering ausgeprägt und verlaufen "mild".

Das Risiko eines Angioödems durch ACE-Hemmer ist in den ersten drei Behandlungswochen am höchsten, doch können Angioödeme auch erst Monate oder, selten, sogar Jahre nach Behandlungsbeginn und komplikationsloser Langzeiteinahme auftreten. Wichtig ist, daß auch gerade bei den spät auftretenden Angioödemen der ursächliche Zusammenhang mit der Einnahme des ACE-Hemmers erkannt wird.

 

Die Pathogenese der Angioödeme durch ACE-Hemmer ist bislang unklar. Alle bisherigen Erkenntnisse sprechen gegen einen immunologischen Mechanismus. Verschiedene Kriterien lassen an einen ähnlichen Mechanismus wie bei den Angioödemen durch C1-Inhibitor-Mangel denken. Hinweise auf prädisponierende Faktoren bestehen nicht.

 

Differentialdiagnostisch sind andere Krankheiten, die mit rezidivierenden Angioödemen einhergehen, abzugrenzen. Angioödeme durch andere Medikamente sind ebenfalls auszuschließen. Insbesondere sind rezidivierende Angioödeme durch Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten bekannt.

Liegt ein Angioödem durch einen ACE-Hemmer vor, muß dieser abgesetzt werden. Folgende Maßnahmen dienen der Therapie der akuten Schwellungen. Patienten mit einem ACE-Hemmer-induzierten Angioödem im Kopfbereich mit Ödem der Haut, des Pharynx oder Larynx sind wegen der drohenden Erstickungsgefahr ein Notfall und sollten unverzüglich stationär behandelt werden. Weil der Verlauf des Angioödems nicht vorhersehbar ist und weil, wie oben erwähnt, eine anfänglich als "mild" und reversibel angesehene Schwellung sich zu einer vital bedrohlichen Atemwegsobstruktion weiterentwickeln kann, ist eine stationäre Behandlung oder Beobachtung auch bei geringfügigen Schwellungen in diesem Bereich erforderlich. Je nach Ausprägung der Symptomatik sollte rasch ein HNO-Arzt oder Anaesthesist hinzugezogen werden. Die Möglichkeit einer unverzüglichen Intubation und einer Tracheotomie sollte vorhanden sein.

Wichtig ist eine genaue Aufklärung der Patienten über die möglichen klinischen Symptome und darüber, wie sie sich im Falle eines Angioödems zu verhalten haben. Außerdem ist eine Überwachung des Patienten während der gesamten Dauer der Behandlung mit ACE-Hemmern erforderlich, bei der es sich im allgemeinen um eine Langzeiteinnahme handelt. Bei den Kontrolluntersuchungen sollte auch eine regelmäßige gezielte Befragung nach Angioödemen erfolgen. Ist ein Angioödem unter Behandlung mit ACE-Hemmern eingetreten, so sollten zukünftig alle ACE-Hemmer gemieden werden.

Bork K. Rezidivierende Angioödeme durch ACE-Hemmer. In: Arzneimittelnebenwirkungen an der Haut. 2.Aufl., Stuttgart, New York: Schattauer 1999
 


Stand: 24. April 2021